Die Mariendistel gehört zu den herausragenden Arzneipflanzen, wie geschaffen für die Zeit nach den tollen Tagen.
Die stattliche Distel erreicht eine Höhe von mindestens 1 Meter. Mit ihrem großen purpurfarbenen Blütenstand gehört sie zur Familie der Korbblütler (Asteraceae). Ursprünglich kam sie aus Südeuropa und Nordafrika.
Für die medizinische Anwendung entdeckt hat sie die Klostermedizin – die antiken Ärzte wussten nicht viel mit ihr anzufangen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts haben sich mehrere Mediziner mit der Wirkung der Mariendistel bei Leberleiden befasst und konnten von sehr positiven Ergebnissen berichten. Heute gilt sie in der Phytotherapie als klassische Leberpflanze; die therapeutische Evidenz ist je Indikation unterschiedlich.
Die therapeutisch bedeutsamen Inhaltsstoffe sitzen in den harten, glänzenden Früchten. Entscheidend ist das Flavonolignan‑Gemisch Silymarin (u. a. Silibinin, Silychristin, Silydianin); außerdem enthalten die Früchte fettes Öl mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren sowie geringe Mengen Tocopherole (Vitamin E). Silymarin wirkt antioxidativ und membranstabilisierend und kann Regenerationsprozesse der Leber unterstützen; die Tocopherole tragen als Radikalfänger im Ölanteil bei.
Standardisierte arzneiliche Zubereitungen der Mariendistelfrüchte können bei einzelnen Lebererkrankungen Laborwerte moderat verbessern; die Studienlage ist jedoch heterogen und ein Nutzen bei Fettleber oder Leberzirrhose ist nicht gesichert. Eine vorbeugende Einnahme ist nicht belegt und ersetzt keine Lebensstil‑ und ärztliche Therapie.
Silymarin löst sich kaum in Wasser; in der Regel sind nur standardisierte, hochkonzentrierte Extrakte sinnvoll. Bei Vergiftungen durch den Knollenblätterpilz wird in Kliniken ein intravenöses Silibinin (abgeleitet aus der Mariendistel) als Bestandteil der Notfalltherapie eingesetzt.
Die lindernde Wirkung der Mariendistelfrüchte bei Verdauungsbeschwerden wird traditionell genutzt; alkoholische Auszüge gelten dabei als wirksamste Zubereitungen. Sie können krampflösend wirken und den Gallenfluss anregen.
Mariendistelfrüchte gelten insgesamt als gut verträglich; gelegentlich treten Magen‑Darm‑Beschwerden oder Überempfindlichkeitsreaktionen (v. a. bei Korbblütler‑Allergie) auf. Bei anhaltenden oder unklaren Leber‑/Gallenbeschwerden ärztlich abklären.
Literatur:Johannes G. Mayer, Bernhard Uehleke, Pater Kilian Saum: „Handbuch der Klosterheilkunde“, ZS-Verlag München, S. 136-137.