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Wir haben an dieser Stelle schon mehrfach thematisiert, dass sich die Bewertungen pfanzlicher Arzneimittel teils diametral widersprechen, was nicht zuletzt von der jeweiligen Herangehensweise der entsprechenden Institution abhängig ist.

Professor Dr. Wolfgang Blaschek, emeritierter Professor für Pharmazeutische Biologie am Pharmazeutischen Institut der Universität Kiel und Mitherausgeber von "Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen", macht in einem Artikel in der "Pharmazeutischen Zeitung" auf einen weiteren solchen Widerspruch aufmerksam.

Wie kann es sein, dass die Cochrane Collaboration 2012 zu der Ansicht kam, dass die Verwendung von Zubereitungen aus Traubensilberkerze bei menopausalen Symptomen fraglich sei, während der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) 2011 diese Anwendung als „medizinisch allgemein anerkannt“ bewertet hat?

Die Antwort ist - wie bei anderen Pflanzen auch - recht simpel:
"Ein methodischer Mangel des Reviews ist nämlich, dass verschiedene Phytopharmaka gemeinsam betrachtet wurden und nicht, wie das bei pflanzlichen Arzneimitteln eigentlich zwingend erforderlich ist, separat. Zudem berücksichtigten Leach und Moore neben ­zugelassenen Phytopharmaka auch Produkte ohne Marktzulassung sowie Studien mit Zubereitungen nicht eindeutig identifizierter Traubensilberkerze-Arten und auch mit Zubereitungen für andere Indikationen als menopausale Beschwerden. Des Weiteren wurden einige bis dahin publizierte Studien gar nicht berücksichtigt oder anscheinend unberechtigt aus der Betrachtung ausgeschlossen.

Die negative Beurteilung von Traubensilberkerze-haltigen Präparaten zur Therapie von Wechseljahresbeschwerden ist daher teilweise unberechtigt."

Und weiter:
"Betrachtet man die Datenlage differenziert nach Extrakten, Qualität und regulatorischem Status der Produkte sowie Indikation, so zeigt sich in der Analyse ­aller GCP-konformen Studien der Jahre 2000 bis 2012 sowie in einem Update mit ergänzenden Studien der Jahre 2012 bis 2014, dass in der Tat nicht alle Zubereitungen aus Traubensilberkerze wirksam sind.

Eine Nicht-Wirksamkeit bezieht sich dabei jedoch auf Zubereitungen ohne Marktzulassung. Solche Zubereitungen – meist Nahrungsergänzungsmittel – ­fallen in Deutschland nicht unter das Arznei­mittel-, sondern unter das Lebensmittelgesetz und müssen daher nicht nach den gleichen strengen Qualitätskrite­rien getestet werden, die für Arznei­mittel verpflichtend sind. Verunreini­gungen und Verfälschungen sind bei Nahrungsergänzungsmitteln daher nicht auszuschließen. Außerdem wird eventuell Drogenmaterial von schlech­terer Qualität eingesetzt und keine ­standardisierten Extrakte definierter Pflanzenbestandteile."

Cochrane wirft also - nicht zum ersten Mal - verschiedene Zubereitungsformen, verschiedene Pflanzenarten sowie nicht zuletzt auch zugelassene Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel in einen Topf, um dann zu einem nur wenig überraschenden negativen Ergebnis zu kommen. Aus wissenschaftlicher Sicht ist das ein absolutes Desaster.

Zum Artikel von Wolfgang Blaschek:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=73015

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