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Harnwegsinfektionen gehören bei uns zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Frauen sind hierbei aufgrund anatomischer Gegebenheiten weit häufiger betroffen als Männer: Eine große Zahl der Infektionen wird durch aufsteigende Darmbakterien in der Harnröhre verursacht. Neben der konventionellen Therapie mit Antibiotika gibt es auch eine Reihe pflanzlicher Mittel, die sinnvoll angewendet werden können.
 
Im Oberbegriff Harnwegsinfektion sind ebenso die Zystitis (Entzündung der Harnblase) sowie eine weiterführende Infektion auch der oberen Harnwege mit Beteiligung des Nierenbeckens (Pyelonephritis) eingeschlossen.
 
Differenziert werden müssen:
- asymptomatische Harnwegsinfektion: Hier liegen keinerlei Beschwerden vor, eine Behandlung ist daher gewöhnlich nur bei Schwangeren notwendig
- komplizierter Harnwegsinfekt: Hiervon spricht man, wenn zusätzliche Faktoren wie bspw. Harnabflussstörungen (Obstruktionen), Blasenfunktionsstörungen (Querschnitt), Analgetikaabusus (Nierenschädigung), Stoffwechselstörungen (Diabetes mellitus), Harnwegskatheter und/oder Schwangerschaft vorliegen
- unkomplizierter Harnwegsinfekt: Hier kann im Gegensatz zu den anderen Fällen in der Regel auf eine weiterführende Diagnostik sowie eine mikrobiologische Urinkultur verzichtet werden
 
Die S3-Leitlinie der Fachgesellschaften zu Harnwegsinfektionen unterscheidet folgende Patientengruppen:
- ansonsten gesunde, nicht-schwangere Frauen in der ­Prämenopause
- ansonsten gesunde Schwangere
- ansonsten gesunde Frauen in der Postmenopause
- ansonsten gesunde jüngere Männer
- ansonsten gesunde Patienten mit Diabetes mellitus und stabiler Stoffwechsellage
 
Auffällig ist das Fehlen älterer Männer bzw. von Männern mit komplizierten Harnwegsinfekten. Hierfür liegen schlicht zu wenige Daten für eine eindeutige Empfehlung vor. Als Mittel der ersten Wahl empfiehlt die Leitlinie die drei Wirkstoffe Fosfomycin-Trometamol, Nitrofurantoin und Pivmecillinam.
 
Die Phytotherapie kann in vielen Fällen jedoch ebenso als alleinige Therapie eingesetzt werden, in komplizierteren Fällen eignet sie sich zudem für die adjuvante Anwendung, etwa zur Durchspülung. Letzteres gilt vor allem bei Problemkeimen wie Chlamydien, Gonokokken, Mykoplasmen, Proteus, Trichomonaden, Tuberkulosebakterien und Candida-Arten.
 
Folgende Pflanzen bzw. Drogen kommen grundsätzlich alleine oder in Kombination in Frage:
Als Harnwegsdesinfizenzien eignen sich Bärentraubenblätter, Bergenienblätter (Tschagorischer Tee), Birnenblätter, Brunnenkressekraut, Buccoblätter, Gewürzsumachwurzelrinde, Kapuzinerkressenkraut, Meerrettichwurzel, Preiselbeerblätter und weißes Sandelholz, als Aquaretika zur Durchspülung wären Birkenblätter, Brennnesselkraut und -blätter, samenfreie Gartenbohnenhülsen, Goldrutenkraut, Hauhechelwurzel, schwarze Johannisbeerblätter, Liebstöckelwurzel, Orthosiphonblätter, Petersilienkraut und -wurzel, Queckenwurzelstock, Schachtelhalmkraut und Wacholderbeeren zu nennen.
 
Bei Bärentraubenblättern (Uvae ursi folium) ist zu beachten, dass die Anwendung nicht häufiger als fünfmal pro Jahr und jeweils nicht länger als eine Woche erfolgen sollte. Es besteht ein leichter Verdacht auf ein erhöhtes Krebsrisiko durch das enthaltene Hydrochinon. In der Volksheilkunde sind Birnenblätter und Preiselbeerblätter auch aufgrund ihres besseren Geschmacks eine beliebte Alternative.
 
Bei Nierenfunktionsstörungen und Magengeschwüren sowie bei bestehender Medikation mit Phenprocoumon sollte von der beliebten Kombination aus Meerrettichwurzel und Kapuzinerkressekraut abgesehen werden, da sich das enthaltene Vitamin K sowie die Senfölglykoside hier negativ auswirken können. Das Kraut von Brunnenkresse und Kapuzinerkresse sowie die Meerrettichwurzel (Armoraciae rusticanae radix) sollten nicht länger als vier bis sechs Wochen angewendet werden, da das frei werdende Senföl die Schleimhäute reizen kann. Kapuzinerkresenkraut ist stark keimhemmend gegenüber einigen gramnegativen und grampositiven Bakterien, wobei bislang keinerlei Resistenzen beobachtet werden konnten. Benzylsenfölpräparate sollten grundsätzlich nach den Mahlzeiten eingenommen werden, da die Verträglichkeit dann besser ist.
 
Bei weißem Sandelholz (Santali albi lignum) sollte die Anwendung nicht länger als sechs Wochen betragen, da sonst nierentoxische Wirkungen auftreten können. Üblicherweise wird es in Kombination mit Hauhechelwurzel, Orthosiphonblättern oder Bärentraubenblättern verwendet. Auch bei Wacholderbeeren (Juniperi fructus) ist die Anwendungsdauer zu begrenzen, wenn nicht der Nieren-Irritationsfaktor (Verhältnis Terpinen-4-ol zu Gesamtpinenen) von 1:5 oder 1:6 beachtet wird. Grund hierfür ist das möglicherweise pharmazeutisch minderwertige ätherische Wacholderbeeröl mit einem Anteil von mehr als 70 Prozent Monoterpenen.
 
Patienten mit Herz- und Niereninsuffizienz sollten sich bei der Durchspülungstherapie aufgrund der notwendigen größeren Trinkmengen zurückhalten. Bei den Cumarinen im Liebstöckelkraut ist zudem eine mögliche Photosensibilisierung zu beachten.
 
Eine klare Absage muss nach gegenwärtigem Kenntnisstand der Großfrüchtigen Moosbere, besser bekannt als Cranberry, erteilt werden: In klinischen Studien konnte bislang keine ausreichende Wirkung zur Prophylaxe von rezidivierenden Infektionen der Harnwege nachgewiesen werden.
 
Teerezeptur auch zur Langzeittherapie (nach Heinz Schilcher):
Equiseti herba conc. (Schachtelhalmkraut) 30 g
Urticae herba conc. (Brennnesselkraut) 30 g
Ononidis radix conc. (Hauhechelwurzel) 30 g
Matricariae flos tot. (Kamillenblüten) 5 g
Menthae piperitae folium conc. (Pfefferminzblätter) 5 g
Dosierung: 1 EL bzw. 2–3 TL Teemischung mit ca. 150 ml kochendem Wasser übergießen, 10 Min. ziehen lassen, abseihen. 3–5 × tgl. 1 Tasse lauwarm trinken.
 
Alternative (ebenfalls nach Heinz Schilcher):
Ononidis radix conc. (Hauhechelwurzel) 60 g
Betulae folium conc. (Birkenblätter) 30 g
Barosmae folium conc. (Buccoblätter) 10 g
Dosierung: 1 EL Teemischung mit ca. 150 ml kochendem Wasser übergießen, 10 Min. ziehen lassen, abseihen. Mehrmals tgl. 1 Tasse trinken.

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