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In nicht wenigen Fällen ist die Phytotherapie synthetischen Arzneimitteln ebenbürtig. Neben den klassischen Anwendungsgebieten wie Atemwegserkrankungen, Magen-Darm-Beschwerden oder der Haut, gibt es zahlreiche weitere Beispiele, wo synthetische Mittel ggf. durch Phytopharmaka ersetzt werden können.

Zu unterscheiden sind hier Phytopharmaka mit wirksamkeitsbelegter Indikation nach den §§ 22 und 105 AMG (Zul. Nr.) und traditionell registrierte pflanzliche Arzneimittel nach § 39a–d (Reg. Nr.). Letztere kommen für die ärztliche Verordnung weniger in Frage, da ein Nachweis der Wirksamkeit nicht verlangt wird und diese Mittel zur Selbstindikation zur Verfügung stehen. Fast 90 Prozent der über 1.700 Phytopharmaka auf dem deutschen Markt verfügen über eine wirksamkeitsbelegte Indikation. Die Rote Liste der wichtigsten Arzneimittel listet etwa 450 Phytopharmaka auf, wobei auch hier etwa 90 Prozent über eine Zulassung verfügen.

Zu beachten ist, dass apothekenpflichtige, nicht verschreibungspflichtige Phytopharmaka (mit bestimmten Ausnahmen) seit 2004 bzw. 2009 von der Verordnung zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen sind und somit vom Patienten selbst bezahlt werden müssen, wenn dies nicht über eine Zusatzversicherung (seit 2012) übernommen wird.

Auf Basis des Arzneimittelgesetzes (AMG), dem Zulassungsstatus der Europäischen Medizinagentur (EMA), der wissenschaftlichen Bewertung durch die Cochrane Collaboration sowie dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und diversen Metaanalysen haben André-Michael Beer, der inzwischen verstorbene Heinz Schilcher und Dieter Loew 2013 eine Liste zusammengestellt.

Als Alternative bei chronischer Herzinsuffizienz (NYHA II) empfehlen die Autoren anstelle von Diuretika, Betablockern und ACE-Hemmern und AT1-Antagonisten Weißdornblätter mit Blüten (Dosis: 3 × 300 mg bzw. 2 × 450 mg), bei NYHA II–III raten sie von Digitalis ab und empfehlen zusätzlich zur Standardtherapie Weißdornblätter mit Blüten. Sie berufen sich hierbei auf das AMG, Cochrane und Metaanalysen.

Bei orthostatischer Hypotonie nennen sie Weißdornbeeren und Campher als Alternative zu Etilefrin, Midodrin und Astonin H mit Verweis auf das AMG.

Die arterielle Verschlusskrankheit (AVK) wird mit den synthetischen Mitteln Citosazol, Naftidrofuryl und Pentoxifyllin behandelt, mit Verweis auf AMG und IQWiG wird Ginkgo biloba (Dosis: 120–240 mg/Tag) als Alternative genannt.

Bei Schlafstörung bzw. Insomnie kommen Hypnotika, Benzodiazepine, Nicht-Benzodiazepine, Zolpidem und Zoplicom zum Einsatz, welche ggf. durch Baldrian, Hopfen, Lavendel, Passionsblume, Melisse sowie Kombinationen daraus ersetzt werden können. Basis hierfür: AMG und EMA.

Leichte und mittlere Depression werden mit tri- und tetrazyklischen Antidepressiva, SSRI, SNRI, SSNRI und MAO-Hemmern behandelt. Hier kann mit Verweis auf AMG, EMA, Cochrane und Metaanalysen Johanniskraut (Dosis: 3 × 300 mg, 2 × 450 mg) eine Alternative sein.

Bei Hirnleistungsstörung ist der Einsatz von Ginkgo biloba (Dosis: 120–240 mg/Tag) als Ersatz für Acetylcholinesterase-Hemmer und Memantin denkbar. Basis hierfür: AMG und IQWiG.

Trockener, produktiver Husten sowie akute und chronische Bronchitis sind ohnehin Paradedisziplinen der Phytotherapie. Anstelle von Noskapin, Codein, Bromhexin, Ambroxol, Acetylcystein (ACC), Guafenesin oder Antibiotika ist gemäß AMG und Cochrane der Einsatz von Eibisch, Spitzwegerich, Huflattichblättern, Thymian, Efeu und Kapland-Pelargonie zu überlegen.

Eine weitere Paradedisziplin ist das Reizmagen-Reizdarm-Syndrom, wo Bittere Schleifenblume oder Pfefferminzöl (auch in Kombination mit Kümmelöl) die synthetischen Mittel Metoclopramid, Domperidon und Alizaprid ersetzen können. Basis hierfür: AMG und Metaanalysen.

Benignes Prostatasyndrom wird synthetisch mit α-Rezeptorenblockern und α-Reduktasehemmern behandelt, Alternativen wären gemäß AMG und Metaanalysen Sägepalme, Brennsesselwurzel, Roggenpollen, Hypoxis rooperi und Kürbissamen.

Klimakterische Beschwerden können anstatt mit Östrogenen oder Gestagenen (Hormonersatztherapie) mit der Traubensilberkerze oder Sibirischem Rhabarber behandelt werden. Basis hierfür: AMG, EMA und Metaanalysen.

Bei Spannungskopfschmerzen könnten Acetylsalicylsäure oder Paracetamol gemäß AMG und EMA durch Pfefferminzöl (topisch, zehnprozentig) ersetzt werden.

Arthrosen, Wirbelkörpersyndrom und Lumbago werden mit nichtsteroidalen Antiphlogistika, Analgetika oder Myotonolytika behandelt. Alternativen wären Teufelskralle, Weidenrinde, Capsicum (topisch), Minzöl und Campher. Basis hierfür: AMG und EMA.

Hinweis:
Diese Zusammenstellung soll lediglich Möglichkeiten aufzeigen und allenfalls zu einer weiteren Beschäftigung mit diesen animieren. Vor unreflektierter Übernahme auf konkret vorliegende Beschwerden ist daher zu warnen.

Literaturhinweis:
Beer, Schilcher, Loew: "Phytopharmaka als Alternative zu Synthetika." MMW-Fortschritte der Medizin Originalien Nr. IV/2013 (155. Jg.), S. 97–99

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