Ein Holunderbusch, in nord- und ostdeutschen Dialekten auch Flieder genannt, gehörte im Mittelalter zu jedem Hof. Er sollte das Anwesen vor Unwetter und anderem Übel schützen. Der Holunder findet sich deshalb bis heute sehr häufig im Umfeld von Siedlungen. Ab Ende April bis Juni - je nach Region - bildet der Strauch weiße, süßlich duftende Blütenrispen. Im Herbst entwickeln sich daraus schwarzblaue Beeren.
Der Holunder gehört zu den Geißblattgewächsen (Caprifoliaceae) und ist in ganz Europa, Asien und Nordafrika heimisch.
In früheren Zeiten wurden fast alle Teile der Pflanze in der Heilkunde genutzt. Der Strauch galt bereits seit Hippokrates nahezu als 'Universalapotheke'. Besonders wurde jedoch die schweißtreibende, schleimlösende und ausleitende Wirkung betont. Zudem nutzte man ihn in der Frauenheilkunde. Hildegard von Bingen beschreibt eine Schwitzkur mit Holundersprossen.
In der aktuellen Phytotherapie werden die Blüten und die Beeren verwendet.
Die Blüten besitzen u. a. Flavonoide, ätherisches Öl, Gerbstoffe und Schleimstoffe. Sie bewirken eine Steigerung der Bronchialsekretion und werden zudem als schweißtreibendes Mittel bei fiebrigen Erkältungskrankheiten eingesetzt. Dabei muß eine größere Menge der möglichst heißen Abkochung (Tee) getrunken werden. Es ist unbekannt, welche Wirkstoffe für diese schweißtreibende (diaphoretische) Wirkung verantwortlich sind. Eventuell ist der Effekt auch auf die Zufuhr eines größeren Volumens heißen Wassers zurückzuführen; in jedem Fall verleihen die Holunderblüten dem Tee einen guten Geschmack. Im Tierversuch konnte eine Steigerung der Sekretmenge nachgewiesen werden.
Holunderblüten werden als Monopräparat in Teebeuteln angeboten, finden sich aber auch in vielen Teemischungen.
Der Tee wird bei Erkältungskrankheiten empfohlen. Nebenwirkungen sind nicht bekannt.
In der Erfahrungsheilkunde werden Holunderblüten auch bei Ischias, Rheuma und Neuralgien verwendet.
Die Holunderfrüchte besitzen vor allem Flavonoide, Anthocyane, Vitamin C, Fruchtzucker und Fruchtsäuren. Ihnen wird eine harn- und schweißtreibende Wirkung zugeschrieben. Die Früchte werden meist als Saft, nur selten als Tee eingenommen.
Wie die Holunderblüten werden auch die Beeren bei fieberhaften Erkältungen eingesetzt.
In der Erfahrungsheilkunde wird der frisch gepresste Holunderbeerensaft auch gegen Ischias und Neuralgien genutzt.
Im Laborversuch zeigte der Saft eine bemerkenswerte antioxidative Wirkung.
Holunderbeeren finden auch in der Lebensmittelherstellung Verwendung, etwa als Marmelade und zur Erreichung einer intensiven Rotfärbung.
Literatur:
Johannes G. Mayer, Bernhard Uehleke, Pater Kilian Saum: „Handbuch der Klosterheilkunde“, ZS-Verlag München.